Vizemeister! Germanen unterliegen mit 16:22 in Aalen und feiern dennoch die beste Saison aller Zeiten!

SVG ist Deutscher Vizemeister 2010

Mit schmerzverzerrtem Gesicht schlich Sahit Prizreni zurück in die Weingartener Ecke. Beim Stand von 13:10 zu Gunsten der Germanen hatte der Albaner seinen Kampf gegen Anatolij Guidea verletzungsbedingt aufgeben müssen. Eine Entscheidung, die Prizreni das Herz gebrochen haben dürfte und zugleich das Ende alle Weingartener Titelträume einläutete. Der KSV Aalen 2005 ist Deutscher Mannschaftsmeister!

Eine Woche nach der knappen 18:20-Niederlage beim Hinkampf in Bretten mussten sich die Schützlinge von Trainer Frank Heinzelbecker den "Ostalbbären" auch im Rückkampf mit 16:22 geschlagen geben. Dabei hatte es für die Germanen nach der ersten Hälfte noch richtig gut ausgesehen und eine klare 13:7-Führung ließ den Traum vom erstmaligen Titelgewinn in greifbare Nähe rücken. Prizrenis Aufgabe im zweiten Kampf nach der Pause versetzte den Weingartenern dann aber einen Tiefschlag, von dem sie sich nicht mehr erholten. Angepeitscht vom heimischen Publikum stürmten die Aalener in der Folgezeit von Sieg zu Sieg und sicherten sich letztlich auch verdient die Meisterschaft. Doch nun der Reihe nach ...

Sage und schreibe 500 (!) Fans waren im Laufe des Nachmittags von Weingarten nach Aalen gereist, um den SV Germania zu unterstützen und das "Wunder von der Ostalb" perfekt zu machen. Die Favoritenrolle lag nach der Niederlage im Hinkampf zwar eindeutig beim KSV, der Optimismus kannte im Lager der Germanen aber dennoch keine Grenzen. Dass es am Ende dann doch nicht zum Titelgewinn reichte, mag viele Gründe haben. Einer wurde jedoch schon beim offiziellen und öffentlichen Wiegen 45 Minuten vor Kampfbeginn sichtbar: der KSV Aalen 2005 hatte es geschafft, all seine Asse auf die Matte zu bringen – der SV Germania nicht. So setzten die Schwaben unter anderem auf den Armenier Arsen Julfalakyan und auch der Pole Tomasz Swierk war nach überstandener Rippenverletzung wieder mit an Bord. Bei den Germanen standen hingegen neben dem verletzten Ungarn Gergö Wöller auch die Ukrainer Andrej Stadnik und Vladimir Shatskikh nicht zur Verfügung. Zu allem Überfluss hatte zwei Tage vor dem Showdown in der Greuthalle dann auch noch Adam Juretzko krankheitsbedingt passen und durch den Rumänen Ionel Puscasu ersetzt werden müssen. Doch die Germanen wollen sich nicht in Ausreden flüchten. In keinem der vier Saisonkämpfe ist es der "Walzbach-Staffel" gelungen, den KSV Aalen zu bezwingen und somit ist das Team von Trainer Anton Nuding auch völlig verdient Deutscher Mannschaftsmeister.

Die Aalener erwischten in der randvollen Greuthalle zwar den besseren Start, doch der SV Germania meldete sich schon im zweiten Duell des Abends eindrucksvoll zurück. Nachdem sich der junge Lukas Höglmeier zum Auftakt dem Rumänen Constantin Bulibasa mit 1:3 hatte beugen müssen, folgte der große Auftritt von Arpad Ritter. Der 34-jährige Ungar erhielt aus taktischen Gründen überraschend den Vorzug gegenüber Johannes Kessel und kämpfte in der Klasse bis 120 kg wie ein Löwe. Gegen den amtierenden Deutschen Meister und fast 15 Kilogramm schwereren Stefan Kehrer wuchs "Arpi" förmlich über sich hinaus, verhinderte in der vierten Runde einen Zwiegriff und schaffte letztlich einen sensationellen 3:2-Erfolg. Während Kehrer eine blamable Niederlage bezog, war es für Ritter womöglich der würdige Schlusspunkt einer einzigartigen Karriere. Beim anschließenden Bankett der Germanen im Hotel "Römerhof" verkündete der frühere Europameister und Vize-Weltmeister jedenfalls mit Tränen in den Augen, dass er künftig allenfalls noch als Stand-by-Ringer zur Verfügung stehen würde. Marcel Ewald hatte gegen Routinier Vitalie Railean unterdessen mehr Mühe als erwartet. Die erste Runde musste Ewald sogar mit 0:1 abgeben, anschließend und vor allem im vierten Durchgang machte sich Raileans Alter dann aber doch bemerkbar. Am Ende freute sich der Germane über einen 3:1-Erfolg. Das gleiche Ergebnis und somit eine gelungene Revanche für seine Niederlage während der Gruppenphase gelang Ivan Nemeth gegen den amtierenden Vize-Weltmeister der Junioren, Coskun Efe. Zwar musste auch Nemeth eine Runde auf unnötige Art und Weise abgeben, überzeugte an diesem Abend aber durch großen Siegeswillen und hatte seinen Gegner eigentlich durchgehend im Griff. Nicht hoch genug einzuschätzen ist unterdessen die Leistung von Ionut Panait. Der Rumäne profitierte gegen Tomasz Swierk in der ersten Runde zwar vom Videobeweis und war fortan moralisch klar im Vorteil, zeigte insgesamt aber eine überragende Leistung und feierte einen klaren 3:0-Sieg. Mit dem Hofer Petr Svehla, Köllerbachs Sylvester Charzewski sowie den Aalenern Christian Fetzer und Tomasz Swierk hat Panait in der Endrunde damit wirklich alles aus dem Weg geräumt, was Rang und Namen hat. Klasse, "Johnny"!

So gut die erste Hälfte aus Sicht der Germanen auch verlief, im zweiten Teil des Abends schwommen den Gästen die Felle dann davon. Konstantin Völk wehrte sich gegen Aalens "Mr. Zuverlässig" Davyd Bichinashvili zwar nach Kräften und kassierte nicht wirklich viele Punkte gegen sich. Der Weingartener konnte seinen Gegenüber aber auch zu keinem Zeitpunkt des Gefechts ernsthaft gefährden und verlor letztlich verdient mit 0:3. Im Duell zwischen Sahit Prizreni und Anatolij Guidea brauchten die Germanen nun also mindestens zwei Runden, um überhaupt noch eine realistische Chance auf den Titelgewinn zu haben. Doch es kam alles ganz anders. Beim Zwiegriff am Ende der ersten Runde stürzte der Albaner unglücklich zu Boden und zog sich eine fürchterliche Ellbogenverletzung zu. Guidea selbst erkannte sofort den Ernst der Lage und rief die Sanitäter auf die Matte. Ans Weiterringen war für Prizreni nicht mehr zu denken und im Fanblock der Germanen zerbrachen daraufhin wohl alle Träume. Kopf hoch und vor allem gute Besserung, Sahit! Beflügelt von diesen nicht unbedingt einkalkulierten vier Zählern schaffte anschließend sogar Patric Nuding erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit wieder einen Dreher und trotzte Weingartens Rene Zimmermann bei dessen 3:1-Erfolg immerhin eine Runde ab. Nach acht von zehn Kämpfen lag der SVG also noch mit 16:15 in Führung, doch in der Greuthalle hieß es nun "Manege frei" für Arsen Julfalakyan! Der Ausnahmekönner und amtierende Europameister aus Armenien zauberte gegen den hoffnungslos überforderten Ionel Puscasu eine Show auf die Matte, dass den Germanen Angst und Bange werden musste. 5:0, 5:0 und 3:0 hieß es am Ende für den Aalener Griechisch-römisch-Spezialisten, der ganz offensichtlich in einer anderen Welt ringt und seine bisherigen fünf Gegner in der Bundesliga allesamt in die Tasche steckte, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Hut ab vor diesem gerade einmal 22 Jahre alten Arsen Julfalakyan! Die Entscheidung war also gefallen und der Titel den Schwaben nicht mehr zu nehmen. Da gab sich im abschließenden Duell des Abends auch der Grieche Emzarios Bentinidis keine Blöße und revanchierte sich mit einem überraschend klaren 3:0 über Szabolcs Laszlo für die Pleite aus der Woche zuvor.

Der SV Germania gratuliert dem KSV Aalen 2005 zum verdienten Gewinn der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft 2010, konnte die Greuthalle aber durchaus erhobenen Hauptes verlassen. Erstmals in ihrer über 100-jährigen Vereinsgeschichte sind die Germanen Deutscher Vizemeister und schrieben so ein neues Kapitel Ringsportgeschichte. Die Vorstandschaft dankt allen Beteiligten für die hervorragende Arbeit während dieser Saison und freut sich schon jetzt auf die neue Runde. Mit einem rauschenden Fest im Hotel "Römerhof" hat der SVG seine beste Saison aller Zeiten ausklingen lassen und in Anbetracht dieser bärenstarken Leistung dürfen alle Germanen zurecht stolz auf sich sein. Viva Germania!

(lother)

Die Einzelergebnisse im Überblick

KlasseKSV Aalen 2005SV Germania WeingartenR1R2R3R4R5Gesamt
55G Constantin Bulibasa Lukas Höglmeier 0:23:01:01:0 3:1
120F Stefan Kehrer Arpad Ritter 0:11:03:00:10:1 2:3
60F Vitalie Railean Marcel Ewald 1:00:10:10:6 1:3
96G Coskun Efe Ivan Nemeth 0:20:11:01:1 1:3
66G Thomasz Swierk Ionut Panait 1:10:20:4 0:3
84F David Bichinashvili Konstantin Völk 1:02:01:0 3:0
66F Anatoli Guidea Sahit Prizreni 1:00:0 4:0 Aufgabe Gast
84G Patric Nuding Rene Zimmermann 0:12:00:10:1 1:3
74G Arsen Julfalakyan Ionel Puscasu 5:05:03:0 4:0
74F Emzarios Bedinidis Szabolcs Laszlo 2:24:31:0 3:0
Endergebnis: 22:1606.02.2010